Grundlegende Merkmale sensorischer Strukturen
Eine Möglichkeit, sensorische Strukturen zu klassifizieren, ist die Einteilung nach den Reizen, auf die sie normalerweise reagieren; so gibt es Photorezeptoren (für Licht), Mechanorezeptoren (für Verzerrung oder Biegung), Thermorezeptoren (für Wärme), Chemorezeptoren (z.B. für chemische Gerüche) und Nozizeptoren (für schmerzhafte Reize). Diese Einteilung ist nützlich, weil sie deutlich macht, dass verschiedene Sinnesorgane gemeinsame Merkmale in der Art und Weise aufweisen können, wie sie Reizenergie in Nervenimpulse umwandeln (umwandeln). So reagieren die Hörzellen und die Gleichgewichtsrezeptoren im Ohr sowie einige Rezeptoren in der Haut ähnlich auf mechanische Verschiebungen (Verzerrungen). Da viele der gleichen Prinzipien auch für andere Tiere gelten, können deren Rezeptoren als Modelle für die menschlichen Sinne untersucht werden. Darüber hinaus verfügen viele Tiere über spezielle Rezeptoren, die es ihnen ermöglichen, Reize zu erkennen, die der Mensch nicht wahrnehmen kann. Die Grubenotter beispielsweise verfügt über einen Rezeptor, der besonders empfindlich auf „unsichtbares“ Infrarotlicht reagiert. Einige Insekten haben Rezeptoren für ultraviolettes Licht und für Pheromone (chemische Sexuallockstoffe und Aphrodisiaka, die nur bei ihrer eigenen Art vorkommen) und übertreffen damit auch die menschlichen sensorischen Fähigkeiten.
Ungeachtet ihrer spezifischen anatomischen Form haben alle Sinnesorgane die gleichen grundlegenden Merkmale:
(1) Alle Sinnesorgane enthalten Rezeptorzellen, die spezifisch für eine Klasse von Reizenergie empfindlich sind, gewöhnlich innerhalb eines begrenzten Intensitätsbereichs. Eine solche Selektivität bedeutet, dass jeder Rezeptor seinen eigenen „adäquaten“ oder richtigen oder normalen Reiz hat, wie z. B. Licht der adäquate Reiz für das Sehen ist. Allerdings können auch andere Energien („inadäquate“ Reize) den Rezeptor aktivieren, wenn sie ausreichend intensiv sind. So kann man z.B. Druck „sehen“, wenn man den Daumen auf ein geschlossenes Auge legt und einen hellen Fleck (Phosphen) im Gesichtsfeld an einer der berührten Stelle gegenüberliegenden Stelle sieht.
(2) Der Empfindungsmechanismus für jede Modalität ist oft im Körper an einer Empfangsmembran oder -oberfläche (z.B. der Netzhaut des Auges) lokalisiert, wo sich Wandlerneuronen (Sinneszellen) befinden. Oft enthält das Sinnesorgan zusätzliche Strukturen, um die stimulierende Energie zu den Rezeptorzellen zu leiten; so fokussieren die normalerweise transparente Hornhaut und Linse im Auge das Licht auf die sensorischen Neuronen der Netzhaut. Die Nervenzellen der Netzhaut selbst sind durch die umgebende Struktur des Auges mehr oder weniger von nicht visuellen Energiequellen abgeschirmt.
(3) Die primären Wandler- oder Sinneszellen in jeder Rezeptorstruktur verbinden sich normalerweise (Synapse) mit sekundären, eingehenden (afferenten) Nervenzellen, die den Nervenimpuls übertragen. In einigen Rezeptoren, wie z. B. der Haut, besitzen die einzelnen Primärzellen fadenförmige Strukturen (Axone), die meterlang sein können und sich von knapp unter der Hautoberfläche durch das subkutane Gewebe bis zum Rückenmark winden. Dort endet jedes Axon aus der Haut und bildet eine Synapse mit dem nächsten Neuron (zweiter Ordnung) in der Kette. Im Gegensatz dazu verfügt jede primäre Rezeptorzelle im Auge über ein sehr kurzes Axon, das sich vollständig in der Netzhaut befindet und mit einem Netzwerk verschiedener Arten von Neuronen zweiter Ordnung, den so genannten Internunialzellen, synaptiert, die wiederum mit Neuronen dritter Ordnung, den so genannten Bipolarzellen, synaptieren – alles noch in der Netzhaut. Die Axone der Bipolarzellen erstrecken sich afferent über die Netzhaut hinaus und verlassen den Augapfel, um den Sehnerv zu bilden, der in das Gehirn eintritt, um weitere synaptische Verbindungen herzustellen. Betrachtet man dieses visuelle System als Ganzes, kann man sagen, dass die Netzhaut ein ausgedehnter Teil des Gehirns ist, auf den das Licht direkt fallen kann.
Aus solchen afferenten Nerven stellen noch höherrangige Neuronen immer komplexere Verbindungen mit anatomisch getrennten Bahnen des Hirnstamms und tieferen Teilen des Gehirns (z. B., des Thalamus), die schließlich in bestimmten Empfangsbereichen in der Großhirnrinde (der gewundenen äußeren Hülle des Gehirns) enden. Verschiedene sensorische Empfangsbereiche sind in bestimmten Regionen der Hirnrinde lokalisiert – z. B, Okzipitallappen im hinteren Teil des Gehirns für das Sehen, Temporallappen an den Seiten für das Hören und Parietallappen im oberen Teil des Gehirns für die taktile Funktion.